22. April 2011, 19:00 Uhr



Johann Sebastian Bach
"Johannespassion"


Programm:

Johannes Sebastian Bach
"Johannespassion"


Aufführende:

Viktorija Kaminskaite, Sopran
Claudia Darius, Alt
Markus Francke, Tenor
Christoph Scheeben, Bass

Concert-Chor Concordia Hürth
Kammerphilharmonie Rhein-Erft

Leitung: Christian Letschert-Larsson






Kölner Stadt-Anzeiger vom 26. April 2011
von Alexander Kleinschrodt

Zeitgemäß und mit großer Sorgfalt
Die Johannespassion ist die kürzere der beiden von Johann Sebastian Bach überlieferten Passionsmusiken. Gut zwei Stunden dauert diese in Musik gesetzte Schilderung der Leiden Christi nach dem Text des Johannes-Evangeliums.
Christian Letschert-Larsson führte den Chor und die Kammerphilharmonie zu einer glaubwürdigen Darstellung der Passionsgeschichte.

Zum Ende der Karwoche brachte der Concert-Chor Concordia Hürth zusammen mit der Kammerphilharmonie Rhein-Erft und Gastsolisten dieses geistliche Großwerk im Feierabendhaus Knapsack zur Aufführung. Das geschah ohne die im Konzertbetrieb sonst obligatorische, hier aber nur störende Pause in der Mitte. Ob man mit letzter Konsequenz daran glaubt oder nicht - hier geht es schließlich um große, letzte Fragen. Während im Musikbetrieb die Besetzungen bei der Aufführung barocker Werke mit Rücksicht auf die sich verändernden Vorstellungen von damaliger Musikpraxis heute immer kleiner und beweglicher werden, konnte man die Johannespassion in Hürth noch in romantischer Stimmfülle erleben.

Dass der so stark besetzte Concert-Chor dank der Arbeit mit Stimmbildnern und sorgfältiger Vorbereitung über ein schönes Volumen verfügt und die Sängerinnen und Sänger sicher intonieren, kann und muss aber kein Manko sein. Christian Letschert-Larsson, der musikalische Leiter beider beteiligten Ensembles, wirkte drohender Behäbigkeit vom Dirigentenpult aus entgegen. Gerade die Chorpartien legte er nicht zu breit an. Präzise, ja fast schon überpointiert schallten dann auch die ersten Einsätze des Eingangschores in den Saal, auch die Choralsätze kamen flüssig bewegt herüber. Immer wieder wurden schön ausgearbeitete Details hörbar. Die anklagenden Worte des Volkes gegenüber dem Jünger Petrus etwa, die Bach in komplexem polyphonen Satz gearbeitet hat, ließ Christian Letschert-Larsson in ein zunächst unmerkliches Crescendo einmünden, das im Fortissimo endete. Glaubwürdig wurde so der sich zum Hass steigernde Furor der Verfolger Petri dargestellt. Die Partie des Evangelisten wurde in Hürth von dem Tenor Markus Francke übernommen. Ohne Probleme nahm er die Zuhörer auch durch längere, rezitativisch erzählende Abschnitte mit. Christoph Scheeben (Bass) bot einen gewichtigen, manchmal ein wenig zu altehrwürdigen Christus, der aber mit seiner Präsenz und einer wirklich schönen Stimme für sich einnahm. Viktorija Kaminskaite (Sopran) und Claudia Darius (Alt) vervollständigten das engagiert singende Solistenquartett, an dessen wenigen musikalischen Schönheitsfehlern man sich kaum stoßen konnte.

Die Orchesterleistung der Kammerphilharmonie Rhein-Erft brauchte sich ebenfalls nicht zu verstecken. Beachtlich vor allem, dass die Truppe sich durchaus „historisch informiert“ anhörte: ein schlanker Ton und schönes Non-Legato-Spiel kamen zum Einsatz, auf übermäßiges Pathos wurde verzichtet. Wenn Christian Letschert-Larsson dann aber den fis-Moll-Dreiklang, der den Kreuzestod Christi bezeichnet, lang nachklingen und eine bedeutungsschwere Generalpause folgen ließ, kam das umso beeindruckender zur Geltung. Der zaghaft einsetzende Schlussbeifall steigerte sich schließlich bis zu Bravorufen für den heimischen Concert-Chor Concordia. Aber diese Hürther Johannespassion musste man nicht nur aus lokalpatriotischen Gründen besuchen. Auch die anspruchsvollen Hörer konnten aus dieser Aufführung starke Eindrücke in das Osterwochenende mitnehmen.




Kölnische Rundschau vom 26. April 2011
von Hanna Styrie

Eine eindringliche Inszenierung
Concert-Chor Concordia überzeugt mit Bachs „Johannes-Passion“ ohne übertriebenes Pathos

Johann Sebastian Bachs „Johannes-Passion“ (BWV 245) ist ein ergreifendes Werk, das auf musikalisch packende Weise die Geschichte vom Leiden und Sterben Christi erzählt. Das machte am Karfreitag einmal mehr die Aufführung durch den Concert-Chor Concordia 1877 Hürth und die Kammerphilharmonie Rhein-Erft deutlich.

Der Chor vermied unter Christian Letschert-Larssons versierter Leitung jegliches Breitwand-Pathos, sondern berührte durch spürbare innere Anteilnahme und flexible Gestaltung, die sensibel auf die Stationen der Passionsgeschichte abgestimmt war. Die sorgfältige Einstudierung zeigte sich bereits beim Eingangschor „Herr, unser Herrscher“ und war auch den weiteren Chorälen anzumerken, bei denen der Dirigent auf übermäßige Dramatik verzichtete. Den tiefsten Eindruck dürfte fraglos der Choral „Wer hat dich so geschlagen“ hinterlassen haben. Nicht weniger bewegend war das wütend herausgeschleuderte „Kreuzige, kreuzige“. Viel Spannkraft hatte auch der Chorsatz „Lasset uns nicht zerteilen“ der um den Rock Jesu würfelnden Kriegsknechte. Dass die vielköpfige Sängerschar es hier und da an Textverständlichkeit fehlen ließ, konnte man angesichts des unverkennbaren Engagements leicht verschmerzen.

Die jungen Musiker der klein besetzten Kammerphilharmonie Rhein-Erft hatten ihren Anteil an der eindringlichen Inszenierung des Leidens Christi. Sie begleiteten die Chöre und Arien durchweg aufmerksam und klangschön; die Instrumentalsolisten bewältigten ihre Aufgaben ordentlich. Tenor Markus Francke, als Evangelist mit umfangreichen Aufgaben bedacht, gefiel mit schlanker, heller Tenorstimme und ausgezeichneter Artikulation, beschränkte seine Rolle allerdings weitgehend auf den Texttransport. Christoph Scheeben verfügt über eine gepflegte Bassstimme, er verströmte die der Jesus-Rolle angemessene Ruhe und Würde. Schlicht und ohne Überdruck sang Claudia Darius die Alt-Arien. Kaum berühren konnte hingegen Sopranistin Viktorija Kaminskaite, die die Arie „Zerfließe, mein Herze“ mit unangemessenem, opernhaften Gestus interpretierte, der hier völlig fehl am Platze war.
Gut machten sich die Chor Solisten Alexander Nagel (Tenor) und Magnus Piontek (Bass). Christian Letschert-Larsson hatte das musikalische Geschehen fest im Griff. Dass er auf jede Effekthascherei verzichtete und stattdessen eher auf musikalischen Fluss und behutsame Akzente setzte, bekam dieser Johannes-Passion gut.