17. Juni 2012, 16:00 Uhr



Felix Mendelssohn Bartholdy
"Paulus"


Programm:

Felix Mendelssohn Bartholdy
"Paulus"


Aufführende:

Myung-Hee Hyun, Sopran
Kerstin Descher, Alt
Fabian Strotmann, Tenor
Yoo-Chang Nah, Bass

Concert-Chor Concordia  Hürth
Kammerphilharmonie Rhein-Erft

Leitung: Christian Letschert-Larsson





Kölner Stadt-Anzeiger vom 19. Juni 2012
von Julia Sprügel

Chor als leidenschaftliche Einheit
Concordia sang das Paulus-Oratorium - Kammerphilharmonie mit starker Bläserbesetzung

Sicher machte die  Kombination aus Junisonne und Fußball dem Paulus-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy Konkurrenz. Als der Hürther Concert-Chor Concordia am Sonntagnachmittag zum Konzert lud, blieben im Feierabendhaus ein paar Plätze frei. Dennoch, wer gekommen war, wusste was er erwarten durfte. Chor- und Orchesterleiter Christian Letschert-Larsson hatte eine festliche Besetzung aufgefahren: Der Concert-Chor  sang mit rund 90 Sängerinnen und Sängern und hatte einige sehr junge Stimmen dabei. Die Kammerphilharmonie Rhein-Erft spielte mit starker Bläserbesetzung, und die vier Solisten waren passend gewählt.

Das Oratorium, das Mendelssohn 1836 vollendete, erzählt die Bekehrung des Saulus zum Paulus, sein Wirken als christlicher Missionar steht im Mittelpunkt. Immer wieder steht das Bekehrungsmotiv im Vordergrund, was auch als ein ständiges musikalisches "Wachrütteln" verstanden werden kann. Ganz zu Beginn weckte die Kammerphillharmonie mit einem wunderschönen Streicher- und Bläsereinsatz das zentrale Thema und damit auch das Interesse an dem Oratorium aus dem Zeit der Romantik.

Der Chor übernimmt beobachtende Funktion und ist mitverantwortlich dafür, die Spannung aufrechzuhalten - und zu steigern . Zu Beginn des Konzertes war noch nicht ganz klar, ob er diese höchst anspruchsvolle Aufgabe über drei Stunden erfüllen kann. Aufbrausenden Passagen fehlte es zunächst an emotionaler Kraft. Das aber änderte sich rasant im Verlauf des Konzerts.  Spätestens bei der Totenklage um den Märtyrer Stephanus, "Und sie steinigten ihn. Dir Herr will ich mich ergeben", zeigte sich der Chor als leidenschaftliche Einheit, der Austausch mit dem Tenor Fabian Strotmann glückte.                                                       

Bei dieser starken Besetzung eine spannende Einheit zu erzeugen war die große Herausforderung. Gerade die Einsätze der Solisten trugen entscheidend dazu bei . Die Stimme der Sopranistin Myung-Hee Hyun strahlte über die gesamte Aufführung, Mezzospranistin Kerstin Descher profilierte sich durch dunkle Schönheit, obwohl sie nur kurze Einsätze hatte. Ganz besonders berührte aber die Bass-Stimme von Yoo-Chang Nah. Der Bass nimmt im Oratorium die zentrale Rolle des Paulus ein, und dem hauchte Nah mit seiner tief aus dem Innern grollenden Stimme einiges an Leben ein. Bei der Wahl der Solisten und auch bei dem Gesamtarrangement wurde Letschert-Larsson seinem hohen Anspruch an Qualität gerecht.



Kölnische Rundschau vom 20. Juni 2012
von Ulrike Weinert

Überwältigendes Klangwerk
Concert-Chor Concordia führt Mendelssohns "Paulus" auf

Verhalten setzte die Kammerphilharmonie Rhein-Erft an zur Ouvertüre des Paulus-Oratoriums von Felix Mendelssohn Bartholdy, um in den folgenden schnellen Strichen der Saiteninstrumente dramatische Fülle zu gewinnen. "Herr, der du bist der Gott" rief der Chor und ging über in eine Lobpreisung mit starken Tenor-Partien.

Im Feierabendhaus hätten noch 30 Zuhörer mehr Platz gefunden für die Aufführung von Mendelssohns im Alter von nur 25 Jahren komponierten Frühwerks durch den Concert-Chor Concordia. Das überwältigende Klangwerk erzählt von der Wandlung des Römers Saulus vom Peiniger der Christen zum Apostel Paulus. Die Wandlung geschieht durch eine Erscheinung des auferstandenen Messias am Ende der ersten Hälfte des zweiteiligen Oratoriums.

Musikdirektor Christian Letschert-Larsson hat die zurückhaltende Interpretation mit dem Concert-Chor Concordia und seinem Stammorchester sowie vier Solisten einstudiert. Dominant sind die Stimmgruppen der Soprane und Tenöre, mitunter auf Kosten der Ausgewogenheit in den Klangfarben. 
Der Chor ist im Paulus Erzähler, wütender Mob und Kommentator. Eindrucksvoll gelangen der "Concordia" der Ausdruck des Ärgers im Chorsatz  "Dieser Mensch hört nicht auf zu reden" und das Rasen der Menge im Choral "Steiniget ihn". Gemeint ist der Prediger Stephanus, dessen Gedanken im Tode der Chor später wie ein Requiem wiedergab. Die Stelle gehörte ebenso wie der sphärische Gesang in der Christus-Erscheinung zu den starken Momenten der Aufführung.

In den meisten Chorsätzen, die dramatische Steigerungen beinhalten, offenbarte sich dagegen das kleine Manko im Concert-Chor Concordia:  Die Spannung wurde nicht ausreichend aufgebaut und gehalten, was den Sopran bei den hohen Tönen zuweilen in die Übersteuerung trieb. Alle vier Solisten stellten sich in den Dienst des Oratorienwerks. Die Sopranistin Myung-Hee Hyun setzte mit warm gefärbter klarer Stimme angenehm zurückhaltende Akzente . Kerstin Deschers rauchiger Mezzosopran entfaltete sich eindringlich. Natürlich und schlicht schön in den hohen Lagen wirkte der Tenor von Fabian Strotmann. Mit berührender Klangfärbung ragte der noch in den Höhen strahlende Bass von Yoo-Chang Nah heraus.

Felix Mendelssohn Bartholdy verwendete Choralsätze für den "Paulus", was für das Uraufführungsjahr 1836 ungewöhnlich war und dem Komponisten von Zeitgenossen als Stilbruch vorgeworfen wurde.  Heutige Zuhörer erkennen Kirchenlieder wie "Wachet auf, ruft uns die Stimme" und "O Jesu Christe wahres Licht" wieder.